Term: Osmotische Blase l158l

Blase, die sich z. B. in Beschichtungen meist auf Betonplatten bildet und aus der i. d. R. beim Öffnen Wasser unter einem gewissen Druck austritt. Der Kontakt des austretenden Wassers zu Augen oder Haut ist wegen seiner ätzenden Wirkung zu vermeiden, weshalb bei der Untersuchung entsprechende Schutzkleidung empfohlen wird. Es ist auffallend, dass abgesehen von den Blasen die restliche Beschichtung meist fest liegt, wobei es durch Osmose auch schon zu flächigen Ablösungen von Beschichtungen gekommen ist. In diesem Zusammenhang wurde jeweils ein Feuchtigkeitsfilm zwischen Beschichtung und Untergrund vorgefunden. Die vorbeschriebenen Erscheinungsbilder sind meist auf Osmosevorgänge zurückzuführen, wobei ein Erklärungsansatz hierfür wie folgt lautet: Die Beschichtung ist i. d. R. elektrolytreicher als ihr Untergrund; Wasser wird in der Folge aus dem Beton unter die Beschichtung transportiert und führt zur Blasenbildung. Meines Erachtens kommt es allerdings beim osmotischen Prozess nicht allein darauf an, ob die Beschichtung Elektrolyte enthält oder nicht, sondern vielmehr geht es auch um wasserlösliche Bestandteile. Dies können Elektrolyte sein, aber auch noch nicht ausreagierte Stoffe aus der Beschichtung bzw. wasserlösliche Zusatzstoffe. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang immer der Benzylalkohol, der Beschichtungsstoffen zugesetzt wird, um die Viskosität einzustellen. Weiterhin können natürlich auch wasserlösliche Stoffe auf der Betonoberfläche vorhanden sein, die durch mangelnde Untergrundvorbereitung nicht entfernt worden sind. Die elastische Eigenschaft der Beschichtung wirkt sich dahingehend aus, dass bei steifen Systemen mit hohem E-Modul (z. B. bei EP) meist kleine Blasen entstehen und bei flexiblen Systemen mit kleinem E-Modul (z. B. PUR) eher große.

Voraussetzungen für Osmose:
Vorhandensein von Wasser (4 % Feuchte im Untergrund sind mehr als ausreichend für Osmosevorgänge); ohne Wasser à keine Osmose
Vorhandensein einer semipermeablen Membran
Konzentrationsgefälle von wasserlöslichen Stoffen

Die Rolle der semipermeablen Membran kann die Estrichrandzone oder die Grundierung übernehmen, wobei dieser Effekt verstärkt wird, je dünner die Grundierung ist. Oft wird deshalb empfohlen, eine besonders dicke Grundierung (evtl. durch zwei Aufträge) einzubringen, um derartige Erscheinungen zu vermeiden. Allerdings kann auch die Beschichtung selbst als semipermeable Membran wirken, wenn in auf Dauer mit Flüssigkeit beaufschlagten Flächen der Konzentrationsunterschied zwischen Medium und Untergrund ausreicht. Besonders wichtig ist auch eine sorgfältige Untergrundvorbereitung durch Kugelstrahlen, um evtl. vorhandene Reste von Curings zu entfernen, die als Membran wirken können. Man kann auch Epoxidharzspachtelungen oder grobkörnige, mineralische, kapillarbrechende Schichten zwischen Beton und Beschichtung vorsehen. Der Dampfdruck ist diesbezüglich wohl weniger ausschlaggebend. Dies erkennt man am Beispiel von kochendem Wasser, welches einen Wasserdampfpartialdruck von 1 bar hat. Würde dieser Dampfdruck von unten an der Beschichtung anstehen, so würde dies einem Druck von 0,01 N/mm2 entsprechen. Dieser Belastung hält die Mehrzahl der marktüblichen Beschichtungssysteme stand. Eine Rolle spielt in diesem Zusammenhang offensichtlich auch die Betonqualität. Neueste Untersuchungen von Stenner zeigen, dass es i. d. R. nicht zu Osmoseblasen kommt, wenn der Beton eine hohe hat. ‘Schlechte’ Betone zeigen hingegen sehr schnell den vorbeschriebenen Effekt. Der Anteil an Kapillarenporen ist beim Beton mit hohem W/Z-Wert wesentlich größer als bei einem Beton höherer Güte. Durch den hohen Kunststoffanteil (EP) besitzen kapillarbrechende Schichten nur sehr wenige Poren, sodass ein ähnlicher Effekt wie bei einem hochwertigen Beton entsteht. Osmotische Blasen sind in Beschichtungen auf Estrichen selten anzutreffen, offensichtlich da Letztere i. d. R. niedrigere Feuchtewerte als Betonplatten aufweisen.

Weitere Denkansätze zur Verminderung des Osmoserisikos:
Die Beschichtung sollte weitgehend frei von nach Härtung nicht chemisch gebundenen, wasserlöslichen oder wassermischbaren Bestandteilen sein; insbesondere sollten die Materialien lösungsmittelfrei sein.
Die Beschichtung muss im alkalischen Milieu chemisch stabil sein und darf keine wasserlöslichen Abbauprodukte liefern.
Die Ausbildung einer Membran durch eine teildurchlässige Grundierung muss vermieden werden; die Grundierung ist in ausreichender Dicke aufzutragen.
Die Beschichtung sollte so zusammengesetzt sein, dass während des Beschichtungsvorgangs nicht einzelne Bestandteile vom porösen Untergrund aufgesaugt und so vom Beschichtungsmaterial getrennt werden können.
Die fehlerfreie Adhäsion der Beschichtung ist bei der Applikation unbedingt sicher zu stellen.
Die Betonoberfläche muss zum Zeitpunkt der Beschichtungsapplikation trocken (auch tauwasserfrei) sein.
Die Randzone muss durch abtragendes Strahlen vorbereitet werden; hierdurch wird nicht nur die adäquate Rauigkeit der Oberfläche erzielt, sondern Letztere wird gleichzeitig von Substanzen gereinigt, welche Osmose fördernd wirken können.
Es sollten niedrig viskose Beschichtungsmaterialien bei angemessener Temperatur appliziert werden. Bei 5 Grad Celsius ist nahezu jedes Beschichtungsharz zu hoch viskos, um in alle Mikrorauhigkeiten der Oberfläche zu verlaufen.

Kapitel 17.5.4 + 17.5.4.1

« Back to Glossary Index